Das alte Znaimer Rathaus, erbaut bereits im Jahre 1260, brannte bei einem Großbrand im Jahre 1444 aus, dabei stürzte auch der auf dem Rathausgebäude erbaute Turm ab. Deshalb wurde bei dem Umbau des Rathauses der Turm bereits als ein einzelnes Objekt bearbeitet. Er wurde in den Jahren 1445 – 1448 durch den Meister Mikuláš aus Sedlešovice im spätgotischen Stil erbaut. Die zwei lateinischen, im Mauerstein des Turms gemeißelten Aufschriften, geben die Zeit seiner Entstehung an. Die erste Aufschrift in deutscher Übersetzung besagt: Im Jahre 1445 am Montag nach Margarete (d. h. am 19. Juli) wurde dieses Werk durch Meister Mikuláš, Steinmetz aus Sedlšovice, begonnen. Die zweite Aufschrift der ähnlichen Fassung besagt, dass der Bau im Jahre 1448 beendet wurde. Die Höhe des Turms mit der Koppel beträgt 79,88 m, die Höhe des Mauerwerks 68,60 m. Das Gebäude wurde am Felsen erbaut und seine Fundamente sind bis zu 3 m tief. Der Rathausturm hat ein sehr interessantes Dach mit Türmchen, das ursprünglich mit Schiefer bedeckt war. Die meisten der ursprünglichen Tragebalken unter dem Dach sind älter als 500 Jahren.

 

Nach einigen Reparaturen der Dachbedeckung wurde im Jahre 1592 der Schiefer durch Kupfer ersetzt. Zwei Jahre später wurde das Mauerwerk repariert, der Turm neu verputzt und weiß gestrichen; der Laufgang (anscheinend im selben Jahr erst errichtet) wurde dunkelgestrichen. Auf allen vier Teilen der Ringe wurden damals die Stadtzeichen von Löwen gehalten. Ihre Reparatur, das Übermalen, führte der Maler Jan Jakob durch, der auch die Ziffern der Turmuhr malte. Nach dem Einmarsch der schwedischen Armee nach Böhmen erfolgte im Jahre 1656 eine weitere Reparatur des Turms. Bei dieser Gelegenheit wurde in die Hauptturmkuppel eine lateinisch geschriebene Andenkenschrift gelegt. In der Vergangenheit erfuhr der Rathausturm mehrere Reparaturen, wie verschiedene Archivmaterialen bezeugen. Im Jahre 1670 wurde die Rathausuhr repariert und der Turm bekam eine neue Fassade. Zur Zubereitung des Mörtels wurden damals (wie die Archivquellen angeben) 10 Eimer Wein und 5 Eimer Bier verwendet. Die nächste Beachtung verdient die Reparatur der Hauptturmkuppel im Jahre 1833, bei der in einen Messingkasten in der Kuppel ein Schriftstück gelegt wurde, das die Ereignisse und das Leben der Stadt seit 1656 zusammenfasste. Mit der Arbeit wurde damals der Dachdeckermeister Tomáš Janouschek aus Iglau beauftragt. Der führte sämtliche Arbeiten ohne Baugerüst durch. Wir lesen in der Nachricht, dass dieses Ereignis mit einer großen Feier verbunden war. Als der Meister Janouschek die Kuppel auf die Turmspitze aufsetzte, stieg er sogar ohne Stütze darauf. Dabei hielt er stehend ein 54 Pfund (27 kg) schweres Panier(Fahne), das in alle Weltrichtungen wehte und dann in die Kuppel einfügt wurde. Danach ließ er sich auf den Laufgang herab, von wo aus er zur Erheiterung der gesammelten Stadtbewohner kleines Gebäck hinunterwarf, das er für diesen Anlass backen ließ und dann seilte er sich am Seil zwischen der vergnügten Masse hinab, die dem mutigen Meister einen stürmischen Beifall schenkte. Diese Szene ist auf den Zielscheiben der Znaimer Scharfschützen, die im Depositum des Znaimer Museums aufbewahrt sind, aus dem Jahr unmittelbar nach der Reparatur, abgebildet.

 

Der Turm wurde nochmals im Jahre 1854 restauriert, als der hölzerne Laufgang durch Gusseisen ersetzt wurde. Die Arbeiten wurden dem Zimmermannmeister Wallender aus Retz anvertraut, das gusseiserne Geländer lieferten die Eisenwerke in Blansko.

 

Bei den Turmreparaturen in den vergangenen Jahrhunderten dachte man auch an die Turmuhr, über die wir nicht genau wissen, wann sie errichtet wurde. In Folge der Jahrhunderte war immer weniger Verlass auf die Uhr und so beschloss der Stadtrat, nach einer gründlichen Untersuchung des Uhrwerks im Jahre 1898, eine neue Turmuhr zu besorgen. Das Uhrwerk wurde bei der Wiener Firma Schauer bestellt. Die Uhr hielt dann ohne Reparatur ein Viertel Jahrhundert lang aus. Im Jahre 1923, als aus einem der Türmchen das Panier runterfiel, wurde entschieden, auch eine Generalüberholung der Uhr durchzuführen. Damals wurde das Uhrwerk zerlegt, gereinigt, eine neue Federvorrichtung installiert und die verrosteten Zeiger ausgewechselt. Das Uhrwerk der Firma Schauer gab seine Dienste in den 50-er Jahren des vergangenen Jahrhunderts definitiv auf. Unten zwischen den Balken blieb das schwere steinerne Gewicht hängen und so wurde im Jahre 1959 ein neues Uhrwerk der Fabrik der Turmuhren aus Vyškov installiert, dieses diente bis ins Jahr 2001. Ganz zum Ende des II. Weltkrieges wurde bei einem Flugmanöver am 20. April 1945 der Rathausturm auf der südlichen Seite des Laufgangs beschädigt. Eine umfangreiche Reparatur wurde in den fünfziger Jahren vorgenommen. Der ursprünglich hölzerne Laufgang wurde damals mittels einer Holzverkleidung mit kleinen Fenstern auf dem Umlauf geschlossen. Ebenfalls wurde die Hauptturmkuppel abgenommen und repariert.

 

Der Rathausturm hatte in der Vergangenheit eine praktische Bedeutung. Dort wohnte der Wächter, der die Aufgabe hatte, tagsüber und nachts die Stadt und seine Umgebung zu beobachten. Und damit er seine Dienste nicht vernachlässigte, musste er jede Stunde die Zeit melden. Dieser Wachdienst hatte in der Vergangenheit eine große Bedeutung, denn die Stadt Znaim war mit seiner Burg in ein System der Wachburgen an der südlichen Grenze des tschechischen Staats eingebunden. In den späteren Zeiten wurden die Wachen nur auf Brandmeldung eingeschränkt. Ursprünglich hatte der Turm gar keinen Laufgang (der wurde erst bei einer Großreparatur des Turms in den Jahren 1592 -1594 errichtet) und der Wächter beobachtete die Umgebung aus einem kleinen Raum, der mitten im Turm bis heute geblieben ist, und heute von dem geschlossenen Laufgang umgeben ist. Im 19. Jahrhundert wurde auf den Turm auch ein Telefon installiert. Der Wachdienst auf dem Turm wurde bis 1924 ausgeübt.

 

Zu Beginn der 90-er Jahre des 20. Jahrhunderts erschienen am Turm Baufälligkeiten, die sogar die Sicherheit der Fußgänger bedrohten. Deshalb entschied man sich in der zweiten Hälfte des Jahres 1993 für die bisher letzten umfangreichen Reparaturen. Aus denen nennen wir vor allem den Wechsel der Kuppel und der Drehbanner und die Reparatur der Kupferbedeckung. Am Donnerstag den 23. September 1993 wurde die an höchster Stelle positionierte Kuppel abgenommen und anschließend ihre 8 Tuben mit Dokumenten, die sie enthielt, geöffnet. Der älteste Kasten stammte aus dem Jahre 1816 und enthielt unter anderem historische Beispiele der Zahlungsmittel und auch zwei kleine Kreuze Hispanica vom 26. September 1656. Die weiteren Tuben mit den zeitgemäßen Dokumenten stammen vor allem aus den Jahren der großen Reparaturen, also von 1890 und 1951. In die Kuppel wurde anschließend eine neue Tube mit aktuellen Dokumenten dazugelegt und die reparierte Kuppel zurück auf den Turm platziert.

 

Vom Laufgang des Rathausturms hat man bei klarem Wetter einen sehr schönen Ausblick auf die weite Umgebung und in der Ferne kann man die Ausläufer der Böhmisch-mährischen Höhe im Nordwesten und die Palauer Berge, die schon zu dem Karpaten-System gehören, in der südöstlichen Richtung, beobachten. Bei besonders günstiger Sichtbarkeit kann man auch die sehr entfernten Gipfel der österreichischen Alpen sehen.

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