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Der Znaimer Untergrund gehört zu den einzigartigen historischen Sehenswürdigkeiten nicht nur in der Tschechischen Republik, sondern auch im Rahmen von Mitteleuropa. Es handelt sich um ein System von unterirdischen Gängen, das fast 27 km lang ist und bis zu 4 Etagen besitzt.

 

Anhand von zwei Jahreszahlen, die im Untergrund gefunden wurden, nehmen wir heute an, dass der Anfang des Erbauens der Gänge an der Wende vom 14. zum 15. Jahrhundert lag. Jedes der Wohnhäuser hatte unterirdische Räumlichkeiten, die anscheinend für wirtschaftliche Zwecke dienten. Das mittelalterliche Znaim war eine reiche Stadt, einerseits dank seiner Lage, die eine gute Ernte des schmackhaften Weins und anderer landwirtschaftlicher Produkte garantierte, anderseits auch dadurch, dass sie auf einem wichtigen Handelsweg lag und deshalb ein bedeutendes Handelszentrum war. Zu einer geeigneten Aufbewahrung der Güter waren die unterirdischen Gänge in jeder Hinsicht günstig.

 

Die unterirdischen Gänge wurden erbaut und ursprünglich auf einer Fläche von 35 bis 40 Hektar unter dem historischen Stadtkern verbunden. An dem Bau beteiligten sich Tagelöhner, Arbeiter und das Dienstvolk der Stadt. Einer der Funde belegt auch das Mitwirken der Iglauer Bergmänner, der Bergbaufachleute. Es wurden einfache Werkzeuge verwendet: Meißel, Schlägel, Pickhacke und Mittel zum Raustragen des abgebauten Materials. Bei dem Ausbau der unterirdischen Gänge wurden etwa 50 bis 55 Tausend Kubikmeter gewachsener, fester, harter Felsen abgebaut. Wir wissen nicht genau, wo das abgebaute Material gelagert wurde. Wir können nur annehmen, dass die größeren Stücke, die fest und stark waren, mit geeigneter Form zum Fertigbauen, zur Rekonstruktion und für Reparaturen der umfangreichen Stadtmauer verwendet wurden.

 

Viele spekulative Behauptungen bezogen sich ursprünglich auf den strategischen und schützenden Zweck dieser Gänge. In der Zeit, als Znaim eine privilegierte Stellung in der Kette der Grenzfestungen hatte, übernahmen die Gänge des Znaimer Untergrunds die Rolle eines wichtigen und unzertrennlichen Glieds des Befestigungssystems der Stadt. Es ist bemerkenswert, dass in keinem Archiv und keiner Stadtchronik irgendwelche Pläne der Znaimer Gänge erhalten blieben. Man kann das dadurch erklären, dass die Stadt ihr Wehrsystem gut behütete und der Plan der Gänge nur einem engen Kreis von Personen der Stadtverwaltung bekannt war. Auf die Hypothese über die Nutzung der Gänge zur Abwehr der Stadt in Kriegszeiten deutet auch das außerordentlich verworrene und unübersichtliche System hin, sowohl in horizontaler Richtung, als auch in der vertikalen.

 

Bemerkenswert ist sicherlich auch das Problem der Zirkulation der unterirdischen Wässer. Der größte Teil davon gelangt durch Poren in den Sedimenten und Rissen im festen Gestein in den Untergrund. Im Untergrund wurde das Wasser in vielen Brunnen gesammelt und mit einem gut durchdachten ableitenden Stollen – der sog. Wasserleitung der Jesuiten, verbunden. Die Bezeichnung ist nicht davon abgeleitet, dass sich die Jesuiten direkt, physisch an seinem Bau beteiligt hätten. Man muss jedoch sagen, dass der Ausbau dieses durchdachten Objekts, das Znaim auch in schlimmen Zeiten mit Trinkwasser versorgte, zu den hellen Seiten der Wirkung des Jesuitenordens in Znaim gehört. Es ist ein System aus einem Hauptzug und aus Nebenzweigen, die in verschiedene Teile der mittelalterlichen Stadt greifen und in Verbindung mit den Brunnen, dem Stadtbrunnen und dem Sammelbehälter zu dem Quellgebiet aus der Umgebung von Mansberg nördlich der Stadt das Wasser zuleiteten. Der Bau der Wasserleitung war vielleicht noch schwieriger als der Bau der anderen Gänge, schon deshalb, weil die Wasserleitungsstrecke mehr als einen Kilometer außerhalb der Stadtmauer in einen besonders gebauten Gang in weicheren Sandsteinen hinter der Stadt führte.

 

Eine weitere Merkwürdigkeit ist der großflächige zweischiffige Saal unterhalb des ehemaligen Rathausgebäudes (heute steht auf diesem Platz das Kaufhaus DYJE), der mit Bruchstein in mittleren Pfeilen gewölbt ist. Man kann annehmen, dass sich in der unteren Etage eine mittelalterliche Marterkammer mit Kerkerzellen befand.

 

Durch die allmählichen Auftragungen der unterirdischen Räumlichkeiten nach dem II. Weltkrieg, vor allem im Zusammenhang mit der Aufräumung der Ruinen nach den Bombardierungen, kam es zur Beschädigungen des Abwassersystems der unterirdischen Gewässer. Die Folgen zeigten sich zu Beginn der 60-er Jahre, als es an vielen Stellen zu einem Ausnahmezustand der städtischen Bebauung und der Kommunikation kam. Deshalb hat man in den Jahren 1963 und 1965 mit einer systematischen Erforschung und einer umfangreichen Sanierung des Znaimer Untergrunds begonnen. Der Bau des Kaufzentrums beeinträchtigte den genutzten Teil der Gänge und manche wurden sogar liquidiert. Ähnlich dazu war ein Großteil der Gänge zubetoniert oder bereits in historischer Zeit zugeschüttet.

 

Alle Sanierungseingriffe wurden mit der Bemühung durchgeführt, um eine möglichst treue Erhaltung der Form und der Oberfläche der Gänge, die ein bedeutendes historisches Dokument über die Art des mittelalterlichen Stollenausbaus sind, einzuhalten.

 

Heute dienen die Katakomben vor allem dem Besuch von Interessierten. Eine Ungefähr ein Kilometer lange Strecke beginnt am Slepičí trh und endet an der Straße Obroková, die die Marktplätze Horní náměstí mit Masarykovo náměstí verbindet.

 

2018.11.02 Znojemske podzemi 63